HistoPorn

Hier ist nicht der Raum für eine Geschichte erotischer Literatur. Darum nur einige Anmerkungen. Texte mit erotischem (teilweise auch pornographischem) Inhalt gab es schon in der Antike. Später wurden sie vielfach in kleinen (entsprechend teuren) "Liebhaberausgaben" oder als Privatdrucke veröffentlicht und waren oft - aufgrund herrschender Zensur - nur einem handverlesenen Publikum zugänglich.

Angebotsheft:
Versandhaus für Ehehygiene, Flensburg (Beate Uhse)
April/Mai 1962 (32 S.)

Neben Romanen und Erzählungen, die zum Teil auch illustriert waren, standen schon seit langem Bücher, die sich der Thematik von 'angeblich' oder ernsthaft wissenschaftlicher Seite näherten, auch sie boten aufgrund ihrer Schilderungen und/oder Bilder genügend für die voyeuristischen Gelüste ihrer Leser. Mit solchen Themen spielten z.B. die seinerzeit gerne von der Bundesprüfstelle indizierten Sittenromane in Romanheft- oder (Leih-)Buchform. Abgesehen von gebundenen Titeln gab es z.B. in den 1960er Jahren auch einiges an Taschenbüchern, die damals in liberaleren Ländern wie Dänemark oder Schweden in deutscher Sprache gedruckt, irgendwie den Weg zu Freunden dieser Literatur fanden.

Die Lockerung bzw. Aufhebung der Zensur in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts führte dazu, dass zahlreiche deutsche Verleger und Autoren den Markt für sich entdeckten. So waren hierzulande ab etwa 1970 verstärkt Zeitschriften, spezielle Porno-Magazine oder gebundene Bücher / Taschenbücher erhältlich, die über den Vertrieb im Buchhandel, in Sexshops, im Versandhandel aber auch in Bahnhofsbuchhandlungen (dort zumeist in Folie eingeschweisst) mit nackter Haut auf dem Einband und vielversprechendem Klappentext um Käufer warben.


Der Münchener Wilhelm Heyne Verlag veröffentlichte - um nur ein Beispiel zu nennen - zwischen 1967 und 1991 ungefähr 470 Titel mit erotischen Klassikern, neuen Romanen oder Erzählungen und Sachtiteln in seiner EXQUISIT-Reihe. Bei den Autoren kann man durchaus leicht den einen oder anderen wohlbekannten Namen wiederfinden, wenn es gelingt, das zumeist benutzte Pseudonym zu 'knacken'. Weiterhin erinnere ich mich noch gut daran, dass in unserer Stadt mittlerer Grösse am Zeitschriftenstand des Bahnhofs die damals typischen runden Verkaufsständer für Taschenbücher gut bestückt mit Produkten von z.B. Olympia Press oder Decker standen (und auch eifrig genutzt wurden). Viele Titelbilder (häufig Fotos, gelegentlich aber wie auch im angelsächsischen Raum Zeichnungen) zeigten zunächst zwar 'Nacktes' aber durchaus harmlos und unter Verzicht auf Hardcore-Szenen; diese fanden sich häufiger auf Taschenbüchern späterer Jahre und vor allem auf den Covern der zahllosen Hardcore-Fotomagazine. In den eben erwähnten Fotomagazinen wurden zumeist Fotogeschichten erzählt, die alle legalen Formen von Pornographie im Hochglanzformat detailliert zeigten. Auch die Schilderungen in Romanen und Erzählungen liessen im oft vulgär schnoddrigen Sprachduktus und in Form der geschilderten Sexualpraktiken wenig aus.

Der Boom erotisch/pornographischer Taschenbücher (und spezialisierter Taschenbuchreihen) währte allerdings nur kurz. In den 1990er Jahren war schon wieder fast alles vorbei - der boomende Videomarkt mit Porno auf VHS-Kassetten, später dann als DVDs/BluRays sowie die umfangreiche Präsentation pornographischer Inhalte im Internet, führte letztendlich zum Rückgang der Verkaufszahlen von Magazinen und Büchern. Natürlich existierte die eine oder andere Reihe auch weiterhin aber heutzutage zeigt ein Blick in einen beliebigen Sexshop, dass dort spezielle Printmedien mit pornographischen Inhalten nur noch ein Schattendasein führen.

Auf dem freien Buchmarkt finden allerdings sogenannte erotische Romane als Taschenbuch oder Paperback (und inzwischen auch als EBook) bei spezialisierten Verlagen aber auch in den Reihen der grossen Publikumsverlage durchaus Käufer. Ja, man könnte, wenn man einen Blick auf Bestsellerlisten wirft, versucht sein, zu behaupten, dass Erotica zur Zeit durchaus salonfähig sind. Vieles was hier jetzt veröffentlicht wird, wäre vor ein paar Jahrzehnten allerdings nur in vertriebsbeschränkter Form auf den Markt gekommen.

Sehr problematisch sind allerdings aktuelle Initiativen verschiedener Seiten einzuschätzen, die den Zugang zu Pornographie aus vielfach nicht rational nachvollziehbaren Gründen einschränken möchten. Pornographie ist ein Bestandteil der Gesellschaft und der populären Kultur, sie sollte im Rahmen einer aufgeklärten Gesellschaft - durchaus unter Berücksichtigung "jugendgefährender Rücksichten" mit notwendigen Einschränkungen - allgemein für ein erwachsenes  Publikum frei zugänglich sein.